Mitfreude – Rejoyce

Die einfachste Methode, glücklich zu werden ist der Dienst an anderen. Aber manchmal gibt es Tage oder Zeiten, wo das einfach nicht geht. Sei es weil man die meiste Zeit allein verbringt und mit seiner Umwelt gar nicht interagiert oder mit seinen Nächsten in konfliktreicher Beziehung steht. Es kann auch sein, dass man krank und von Schmerzen geplagt ist und die Kapazität für Güte einfach nicht ausreicht. Möglicherweise hindern einen innere Widerstände daran, anderen ohne Grund etwas Gutes zu tun. Aber all das soll kein Hindernis sein, am eigenen Glück zu arbeiten. Die Mitfreude ist eine ebenso simple wie raffinierte Methode dafür.

Das Prinzip lautet: Jemand anderer ist glücklich – man freut sich mit!

Der Grund für das Glück der anderen Person kann vielfältig sein und spielt eine untergeordnete Rolle: Schönheit, Reichtum, Erfolg, Status, Altruismus.

Lächelt und strahlt ein anderer, lächelt man (innerlich) mit und freut sich.    

Man kann die Mitfreude zum Beispiel folgendermaßen einteilen:             

  1. Mitfreude an den guten Taten anderer
  2. Mitfreude am Glück anderer
  3. Freude über das eigene Glück und die eigenen guten Taten
  4. Geplante gute Taten.
  1. Mitfreude an den guten Taten anderer:
  1. Bei der Mitfreude überlegt man erst einmal, ob man jemanden kennt, der Gutes tut. Eine großzügige Freundin, die jedem Bettler was gibt und regelmäßig der Caritas spendet, eine Nachbarin, die jede Woche der alten Dame im Haus am Ende der Straße den Wocheneinkauf aus dem Supermarkt mitbringt, dein Freund, der bei Autopannen-Gestrandeten am Straßenrand grundsätzlich immer hilft oder deine Schwester, die dich jedes Jahr bei der Kirschen-Ernte unterstützt. Du kannst aber auch Zeitungen hernehmen, Dokus oder Filme. Es gibt schöne Websites oder Social media, die guten Taten berichten. Zu Beginn ist es allerdings am einfachsten, mit den guten Taten der Freundinnen und Freunde zu üben. Zurücklehnen, darüber nachdenken und sich freuen.
  • Die nächste Stufe ist dann, sich an den guten Taten der „Feinde“ zu erfreuen. Deine Rivalin im Büro, dein meckernder Nachbar – auch sie haben wahrscheinlich manchmal das Herz am rechten Fleck und machen etwas Nettes und Vernünftiges: Vielleicht einen Kuchen zum Geburtstag ins Büro mitbringen oder sich um verwaiste Igelbabys kümmern.
  • Mitfreude am Glück der anderen:

Dein Bruder hat im Lotto gewonnen? Deine Freundin verbringt gerade den Urlaub ihres Lebens auf Hawaii? Dein Freund stellt sich immer bei der richtigen Kassa im Supermarkt an und die Kassiererinnen lieben ihn? Na super! Und du selbst?

Wenn man selbst im Moment nicht vom Glück begünstigt ist, schielt man schon einmal auf das der anderen. Meist mit gemischten Gefühlen, wenn nicht sogar mit einer Spur von Neid und Missgunst. Aber Neid und Missgunst tun einem einfach nicht gut. Sie machen eng und grantig und unzufrieden. Wer es nicht glaubt, kann es ausprobieren: Der Ärger, wenn wieder der Kollege statt man selbst die Projektleitung bekommen hat, das Gefühl, wenn die junge und hübsche Kellnerin die Blicke aller Männer auf sich zieht und man sich dabei gleich doppelt so alt fühlt und ähnliches. Steigern diese Empfindungen das Wohlbefinden? Nähren sie die Zufriedenheit? Eher nicht! Wie einfach ist es da, sich mitzufreuen. Nicht manchmal, sondern grundsätzlich. Jeder freut sich ab und an einmal mit, wenn einem anderen etwas Tolles widerfährt, aber eben nicht immer. Gewöhnt man es sich an, nach einer kurzen Verschnaufpause auf Mitfreude umzuschalten, legt man den Grundstein für ein zufriedenes und großzügiges Gemüt!

Diese Methode ist sehr machtvoll. Sie ist ein direktes Antidot gegen  Neid und Missgunst und Eifersucht!

Ich weiß aus eigener Erfahrung nur allzu gut, wie quälend Eifersucht und Neid sein können. Ich erinnere mich an eine Begebenheit, die irgendwann nach meinem 40. Geburtstag stattgefunden hat. Ich habe in Wien auf einem belebten Platz auf meine Freundin gewartet und in der Zwischenzeit die Menschen beobachtet. Da sind mir 2 junge Mädchen aufgefallen, die sehr knapp und sexy bekleidet waren und sich fröhlich und angeregt miteinander unterhielten. Sie gingen an einer Frau vorbei, die ebenso auf jemanden gewartet hat wie ich. Diese Frau war ca 30-35 Jahre alt, etwas füllig, durchschnittlich gekleidet und mit Einkaufstaschen vollgepackt. Sie betrachtete die Mädchen und sprach sie freundlich an: In ihrer Jugend habe sie sich genau so gekleidet und hätte sich so hergerichtet, wie die beiden. Nicht die Spur von Missgunst, Unmut oder Neid. Nein – sie hat sich einfach mit den Mädchen mitgefreut. Und die jungen Damen haben gestrahlt.

Ich war sehr beschämt, nachdem ich die Situation beobachtet hatte. Natürlich sind die beiden auch mir aufgefallen, aber von Bewunderung und Mitfreude war ich weit entfernt. Zu sehen, wie jemand anderer das so herzlich vorlebt, hat mich sehr berührt und unglaublich inspiriert. Je älter man wird, desto mehr jüngere und schönere Frauen gibt es. Altern ist ein natürlicher Prozess. Aber anstatt die Schönheit der Jungen abzuwerten oder sie zu kritisieren, ist es viel einfacher und herzerwärmender, sich mitzufreuen. Mein Problem mit Neid und Eifersucht ist seit damals besser geworden.

  • Freude an den eigenen guten Taten und dem eigenen Glück

Ich habe als Kind oft gehört, dass Eigenlob stinke. Quatsch! Das hat mich lange davon abgehalten, meine eigenen Leistungen anzuerkennen und diese mit gesundem Selbstvertrauen auch zu präsentieren. Wenn man eine soziale Ader hat und hilfsbereit ist, dann fällt diese Übung nicht schwer. Man kann sich regelmäßig ein paar Minuten Zeit nehmen, um darüber nachzudenken und sich darüber zu freuen, auch wenn das Ereignis schon längst vorbei ist: Ich habe im Bus jemandem meinen Sitzplatz überlassen, ich habe für einen Kollegen im Büro für ein Geschenk zu seinem Geburtstag gesammelt, ich habe Essen für die Familie mitgebracht, ich habe den Kindern bei den Hausübungen geholfen, und vieles mehr.

Ist man aber eher ruhig und zurückgezogen oder ein von Natur aus grantiger Mensch, dann ist das auch kein Problem. Irgendetwas findet man immer: Man hat jemandem auf Social media ein Like gegeben, den unsympathischen neuen Kollegen gegrüßt, den Hund der Nachbarin gestreichelt, die Nacktschnecken am Gartenweg nicht zertreten usw..

Nachdenken, erinnern und sich darüber freuen. Das ist die Übung. Je öfter und je mehr man darüber nachdenkt, desto leichter fällt es mit der Zeit. Und wahrscheinlich kommen einem dann sogar noch mehr gute Ideen, was man alles noch machen könnte.

Auch das eigene Glück ist ein schönes Thema, über das man sich regelmäßig Gedanken machen und Freude entwickeln kann.

  • Geplante gute Taten

Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Im Geiste ist alles möglich – sogar Weltfrieden. Zum einen kann man sich morgens überlegen, ob und wenn ja, was man in den Tag mitnimmt. Das Motto „Täglich eine gute Tat“ ist immer noch gut und aktuell und kann eine schöne Anregung sein. Mit Kleinigkeiten beginnen, wie zum Beispiel sich einmal nicht über das Kantinenessen zu beschweren oder die Partnerin zuerst ins Badezimmer lassen, in der Bäckerei einmal weniger Ellbogen und mehr Geduld einsetzen, nicht ärgern, wenn die Katze die frisch gewaschene und gebügelte Hose vollhaart und am Abend ausnahmsweise mal den anderen die Fernbedienung überlassen. Und vor dem Einschlafen kann man dann noch überprüfen, ob etwas davon gelungen ist. Wenn ja, dann ist das ein Anlass zur Freude, wenn nein, macht auch nichts, denn morgen ist auch noch ein Tag.

Mit dieser Methode kann man viel Leichtigkeit ins Leben bringen, denn (Mit-) Freude und Glück bringen dieselben Saiten in uns zum Schwingen. Grant, Neid und Missgunst haben langfristig bei einer freudvollen und positiven Grundstimmung keine Chance. Ein großer Lehrer bezeichnete die Mitfreude einmal als Lehnstuhlmethode zur Erleuchtung. Also such dir ein gemütliches Plätzchen, mach dir noch rasch einen Kaffee oder Tee und los gehtś.

Immer dieses „Gewissen“!

Ich wache erholt und ausgeschlafen auf, es ist ein wunderbarer Morgen mit Sonnenschein und Vogelgezwitscher. Ein perfekter Tag kann beginnen. Aber halt, irgendwas grummelt da in mir, legt sich wie ein Nebelschleier auf das beginnende Wochenende, auf das ich mich so gefreut habe. Da fällt es mir wieder ein: Eine Auseinandersetzung mit einer Freundin, an deren Ende ich wütend den sprichwörtlichen Hörer auf die Gabel geknallt habe. Verletzende Worte, vielleicht ungerechtfertigt, wahrscheinlich sogar. Es tut mir leid, ich habe ein schlechtes Gewissen….

Was ist dieses Gewissen? Warum  macht es mir das Leben schwer? Und woher habe ich das überhaupt?

Das Gewissen ist die innere Instanz für Gut und Böse – angeboren oder anerzogen, wahrscheinlich von beidem etwas. Gedanken und Handlungen durchlaufen permanent eine Überprüfung, ob sie ethisch vertretbar sind oder nicht und je nach Ergebnis bewirkt dieser Check ein angenehmes oder beklemmend unangenehmes Gefühl.

Gelehrte der verschiedensten Sparten haben sich der Erforschung und Beschreibung des Gewissens gewidmet;  unter ihnen auch einer der wohl bekanntesten, Sigmund Freud, der mit dem Konstrukt Es Ich und Überich eine plausible wirkende Erklärung gefunden hat.

Abhängig von Erziehung, sozialem Umfeld und gesellschaftlichen Normen erlernt der Mensch schon in sehr jungen Jahren, was sein Verhalten bewirkt, was es mit anderen macht und wie es vom Umfeld gewertet wird: Stehlen – Böse, Teilen gut. Religiöse Einflüsse unterstützen die Entwicklung bestimmter Wertesysteme und untermauern diese mit Verboten, Regeln und Geboten.

Wir Menschen werden mit einer tief zugrundeliegenden Weisheit geboren. Wir spüren instinktiv, ob unser Handeln gut oder schlecht ist. Wenn wir innehalten und unser Herz befragen, bekommen wir Antworten. Handlungen, die Gutes stiften, machen ein angenehmes Gefühl, zornvolle ein unangenehmes, beklemmendes. Wir haben einen inneren Kompass, der es uns ermöglicht, mit dem geringsten Schaden an anderen und uns selbst durch unser Leben zu schiffen.

Menschen werden mit dem natürlichen Gefühl von Empathie geboren. Untersuchungen an Kleinkindern haben gezeigt, dass sie mitfühlend handeln. Entwicklungsgeschichtlich haben sich Kooperation und Empathie als zielführender erwiesen als Kampf und Konkurrenz. Unsere Fähigkeit, uns in andere zu versetzen und ihren Schmerz zu spüren (Spiegelneuronen), eröffnet uns die Möglichkeit zur Reflexion über unser Verhalten und kann den Wunsch nähren, das Verhalten zu ändern.

Regelmäßige Reflexion über die das Verhalten und die Handlungen bietet allen voran die katholische Kirche mit der Beichte an: In sich gehen, nachdenken, überprüfen und bekennen. Als Kind war das für mich der reinste Horror! Da mussten wir eine paar Absätze auswendig lernen und diese dann dem Pfarrer in einem düsteren muffig riechenden Beichtstuhl aufsagen und die Sünden beichten. Das war gruselig und hat mir echt Angst gemacht!  Vor lauter Stress konnte ich der ganzen Angelegenheit nichts Gutes abgewinnen. Erst „sündigen“ und dann beim Beichten die Sünden wieder löschen lassen und mein spiritueller Strafregisterauszug ist sauber. Ich war skeptisch …

 Dieses Modell der Reflexion  habe ich dann einfach bei erstbester Gelegenheit auslaufen lassen.

Aber welche Art von Gewissenspflege kann man betreiben? Wir kümmern uns um unseren Körper, waschen ihn, putzen die Zähne und gehen vielleicht manchmal zu einer Vorsorgeuntersuchung. Wie aber kümmern wir uns um unser Innenleben? Die Sinnhaftigkeit einer derartigen Routine ist sicher nicht zu bestreiten.

Ich glaube, dass wir Menschen gut wissen und spüren, welche Handlungen ein angenehmes und friedliches Gefühl stiften und welche nicht:

Gute Handlungen führen zu Glück, schlechte zu Leiden. Das kann man sehr leicht überprüfen. Wenn ich mich z. B.  ganz schrecklich über einen Brief vom Finanzamt  aufrege und unmittelbar dort anrufe und all meine Wut rauslasse, mag das vielleicht kurzfristig erleichternd sein, aber wenn ich ehrlich bin, hat mich der Zorn verhärtet, mein Gesicht zu einer Fratze gemacht, den Blutdruck in die Höhe gejagt und meine innere Ruhe und meinen Frieden empfindlich gestört. Und ich weiß: Ich habe Schaden angerichtet. Ich habe eine unschuldige Person beleidigt, gekränkt und schlecht behandelt.

Was kann man tun, um so etwas in Zukunft zu vermeiden?

Ganz einfach:

  • Verantwortung für das eigene Handeln übernehmen (– ich habe es verbockt. Sorry!) und
  • Vertrauen entwickeln, dass man etwas verändern kann, gefolgt von ehrlichem
  • Bereuen (Oh Mann, das tut mir so leid!) und dem
  • Versprechen, dass man so etwas nie mehr machen möchte und einen Weg suchen, es
  • wieder gut zu machen.

So kann man nach und nach Zufriedenheit und Glück in sein Leben bringen. Man wird achtsamer in seinen Handlungen und man wird ein besserer Mensch.