Immer dieses „Gewissen“!

Ich wache erholt und ausgeschlafen auf, es ist ein wunderbarer Morgen mit Sonnenschein und Vogelgezwitscher. Ein perfekter Tag kann beginnen. Aber halt, irgendwas grummelt da in mir, legt sich wie ein Nebelschleier auf das beginnende Wochenende, auf das ich mich so gefreut habe. Da fällt es mir wieder ein: Eine Auseinandersetzung mit einer Freundin, an deren Ende ich wütend den sprichwörtlichen Hörer auf die Gabel geknallt habe. Verletzende Worte, vielleicht ungerechtfertigt, wahrscheinlich sogar. Es tut mir leid, ich habe ein schlechtes Gewissen….

Was ist dieses Gewissen? Warum  macht es mir das Leben schwer? Und woher habe ich das überhaupt?

Das Gewissen ist die innere Instanz für Gut und Böse – angeboren oder anerzogen, wahrscheinlich von beidem etwas. Gedanken und Handlungen durchlaufen permanent eine Überprüfung, ob sie ethisch vertretbar sind oder nicht und je nach Ergebnis bewirkt dieser Check ein angenehmes oder beklemmend unangenehmes Gefühl.

Gelehrte der verschiedensten Sparten haben sich der Erforschung und Beschreibung des Gewissens gewidmet;  unter ihnen auch einer der wohl bekanntesten, Sigmund Freud, der mit dem Konstrukt Es Ich und Überich eine plausible wirkende Erklärung gefunden hat.

Abhängig von Erziehung, sozialem Umfeld und gesellschaftlichen Normen erlernt der Mensch schon in sehr jungen Jahren, was sein Verhalten bewirkt, was es mit anderen macht und wie es vom Umfeld gewertet wird: Stehlen – Böse, Teilen gut. Religiöse Einflüsse unterstützen die Entwicklung bestimmter Wertesysteme und untermauern diese mit Verboten, Regeln und Geboten.

Wir Menschen werden mit einer tief zugrundeliegenden Weisheit geboren. Wir spüren instinktiv, ob unser Handeln gut oder schlecht ist. Wenn wir innehalten und unser Herz befragen, bekommen wir Antworten. Handlungen, die Gutes stiften, machen ein angenehmes Gefühl, zornvolle ein unangenehmes, beklemmendes. Wir haben einen inneren Kompass, der es uns ermöglicht, mit dem geringsten Schaden an anderen und uns selbst durch unser Leben zu schiffen.

Menschen werden mit dem natürlichen Gefühl von Empathie geboren. Untersuchungen an Kleinkindern haben gezeigt, dass sie mitfühlend handeln. Entwicklungsgeschichtlich haben sich Kooperation und Empathie als zielführender erwiesen als Kampf und Konkurrenz. Unsere Fähigkeit, uns in andere zu versetzen und ihren Schmerz zu spüren (Spiegelneuronen), eröffnet uns die Möglichkeit zur Reflexion über unser Verhalten und kann den Wunsch nähren, das Verhalten zu ändern.

Regelmäßige Reflexion über die das Verhalten und die Handlungen bietet allen voran die katholische Kirche mit der Beichte an: In sich gehen, nachdenken, überprüfen und bekennen. Als Kind war das für mich der reinste Horror! Da mussten wir eine paar Absätze auswendig lernen und diese dann dem Pfarrer in einem düsteren muffig riechenden Beichtstuhl aufsagen und die Sünden beichten. Das war gruselig und hat mir echt Angst gemacht!  Vor lauter Stress konnte ich der ganzen Angelegenheit nichts Gutes abgewinnen. Erst „sündigen“ und dann beim Beichten die Sünden wieder löschen lassen und mein spiritueller Strafregisterauszug ist sauber. Ich war skeptisch …

 Dieses Modell der Reflexion  habe ich dann einfach bei erstbester Gelegenheit auslaufen lassen.

Aber welche Art von Gewissenspflege kann man betreiben? Wir kümmern uns um unseren Körper, waschen ihn, putzen die Zähne und gehen vielleicht manchmal zu einer Vorsorgeuntersuchung. Wie aber kümmern wir uns um unser Innenleben? Die Sinnhaftigkeit einer derartigen Routine ist sicher nicht zu bestreiten.

Ich glaube, dass wir Menschen gut wissen und spüren, welche Handlungen ein angenehmes und friedliches Gefühl stiften und welche nicht:

Gute Handlungen führen zu Glück, schlechte zu Leiden. Das kann man sehr leicht überprüfen. Wenn ich mich z. B.  ganz schrecklich über einen Brief vom Finanzamt  aufrege und unmittelbar dort anrufe und all meine Wut rauslasse, mag das vielleicht kurzfristig erleichternd sein, aber wenn ich ehrlich bin, hat mich der Zorn verhärtet, mein Gesicht zu einer Fratze gemacht, den Blutdruck in die Höhe gejagt und meine innere Ruhe und meinen Frieden empfindlich gestört. Und ich weiß: Ich habe Schaden angerichtet. Ich habe eine unschuldige Person beleidigt, gekränkt und schlecht behandelt.

Was kann man tun, um so etwas in Zukunft zu vermeiden?

Ganz einfach:

  • Verantwortung für das eigene Handeln übernehmen (– ich habe es verbockt. Sorry!) und
  • Vertrauen entwickeln, dass man etwas verändern kann, gefolgt von ehrlichem
  • Bereuen (Oh Mann, das tut mir so leid!) und dem
  • Versprechen, dass man so etwas nie mehr machen möchte und einen Weg suchen, es
  • wieder gut zu machen.

So kann man nach und nach Zufriedenheit und Glück in sein Leben bringen. Man wird achtsamer in seinen Handlungen und man wird ein besserer Mensch.